Unsere Abgeordneten berichten von der Landessynode

„Auf Menschen zugehen und ihnen was zutrauen“
Unsere Abgeordneten berichten von der Landessynode

Trio aus dem Kirchenkreis bei der Landessynode (v.l.): Pfarrer Marcus Tesch (Wissen) und die beiden Birnbacher Petra Stroh und Frank Schumann. Foto: Jens-Peter Iven

Mit Frank Schumann und Petra Stroh sind gleich zwei Menschen aus unserer Kirchengemeinde als Abgeordnete der Landessynode aktiv. Seit vielen Jahren engagieren sich die Beiden im Leitungsgremium unserer Kirche und bringen ihre individuellen Erfahrungen aus Gemeinde, Kirchenkreis und Ausschuss-Arbeit ein. Ihre Statements finden Sie untenstehend.

Zukunftsfähigkeit der Kirche

Wie können wir Kirche zukunftsfähig gestalten? Welche Angebote sind auch für kirchlich distanzierte Menschen attraktiv? Welche Reformen sind dafür nötig? Diese Fragen standen diesmal im Mittelpunkt der sechstägigen Landessynode. Anders als bei vergangenen Synoden nahmen sich die Delegierten zwei ganze Tage Zeit, um eigene Ideen zur Zukunft der Kirche zu diskutieren und zentrale Fragen anhand von Themen wie Nachwuchsgewinnung, Vielfalt, Glauben im Alltag und neue Gemeindeformen zu konkretisieren. Im Laufe des Jahres sollen die angestoßenen Prozesse in den landeskirchlichen Gremien weiterbearbeitet und bei der Synode 2025 beschlossen werden.

„In der Arbeitsgruppe ‚Kirche in der Fläche‘ und in unterschiedlichen Workshops wurde u.a. das Anliegen, die Prädikantenausbildung auszuweiten und eine Lektorenausbildung zu beginnen, deutlich unterstützt. Ein wichtiges Anliegen in Zeiten eingeschränkter hauptamtlicher Personalstärke.

Informationen für alle Interessierten

Dass mit der Kirchenmitgliedschaft auch der Glaube zurückgehe, sei ein zentrales Ergebnis der aktuellen Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU), so Präses Dr. Thorsten Latzel in seinem Jahresbericht vor der Synode. „Was fehlt, wenn Gott fehlt?“, fragte der leitende Geistliche. Seine Antwort: „Es fehlt alles. Es fehlt eine Hoffnung über die Krisen dieser Welt und den ganzen menschlichen Schlamassel hinaus.“ Unter anderen Bedingungen Kirche für die Menschen zu sein, bedeute auch, beim Sonntagsgottesdienst zu unterscheiden zwischen Feiern, die ein größeres oder jüngeres Publikum anziehen und kleinen Formaten in Form von Taizé oder „Bibel teilen“. Angesichts der wachsenden Armut in Deutschland forderte Latzel ein „Umsteuern und Umverteilen in der Gesellschaft“. Hier beklagte er zudem einen „Verlust demokratischer Bindungskräfte“ und wurde ganz konkret in seiner Einschätzung der AfD: „Die Grundhaltung dieser Partei widerspricht zutiefst dem christlichen Glauben.“ Zu antijüdischen Ausschreitungen nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel sagte er: „Antisemitismus ist Gotteslästerung und hat hier nichts zu suchen.“ Die Landessynode nahm dies auf in ihrer Erklärung „Gegen Antisemitismus. Für Gerechtigkeit und Frieden in Israel und Palästina.“

Eine neue, an den Mitgliedern orientierte, Lebensordnung für die rheinische Kirche sieht gleichzeitig vor, dass es mehr Entscheidungsfreiheit für Pfarrpersonen und Presbyterien gibt: Gottesdienstzeiten und -formate können in Abstimmung mit dem Kreissynodalvorstand anders als bisher festgelegt werden. Auch sind jetzt beispielsweise alle Getauften zum Abendmahl eingeladen und müssen dafür nicht konfirmiert sein. Zudem ist die Taufe von Kindern, deren Sorgeberechtigten keine Kirchenmitglieder sind, künftig möglich – unter der Voraussetzung, dass die christliche Erziehung gewährleistet ist.

Weitere Informationen zur Landessynode, inklusive aller wichtigen Beschlüsse, sind unter www.ekir.de/landessynode zu finden. Die Livestreams der Plenarsitzungen sind nun drei Monate lang abrufbar.

 

Zum guten Synoden-Miteinander gehört auch viel Gesang. Petra Stroh und Frank Schumann sind immer wieder angetan von dem vollen Klang der mehr als 200 Abgeordneten der Landessynode. Foto: Marcus Tesch

Persönliches Fazit der heimischen Abgeordneten:

Frank Schumann

„Immer weniger (Pfarrpersonen, Mitglieder, Geld, …) – das war die nüchterne Bestandsaufnahme der Synode für mich und zwar ohne jedes „Wenn und Aber“.
Gleichzeitig wurde mir aber auch deutlich, was Kirche nun endlich vor allem mit Blick aufs Evangelium leisten muss:
Sie muss ehrlich und offen sein und nicht beschönigend und verharrend.
Sie muss auf Menschen zugehen und Menschen in ihren Gremien auch etwas zutrauen.
Sie muss und kann nur noch vielfältig existieren.
Die Beschlüsse der Synode spiegeln mir diese Offenheit, diese Vielfältigkeit und dieses Vertrauen wider! Das macht mir Hoffnung – nicht auf eine Kirche wie bisher, aber auf eine lebendige, neue, partizipative und formenreiche Kirche!

Für mich waren die Klarheit und theologische Tiefe der Verlautbarungen gegen Antisemitismus und rechte Lügenpolitik klare prophetische Worte.

 Petra Stroh

Es tat gut, in so großer Gemeinschaft mit Menschen aus unterschiedlichsten Regionen unserer Landeskirche – mit ihren verschiedenen Vor-Ort-Herausforderungen und Prägungen – am Thema ‚Zukunft der Kirche‘ zu arbeiten, neue Perspektiven für unseren Kirchenkreis und die Gemeinden zu entwickeln und vertraute Wege zu hinterfragen.

Beim Ringen um Lösungen für wichtige Zukunftsfragen, bei den finanziellen und ordnenden Beschlüssen – u.a.  auch zu erleichterten Bedingungen für die Arbeit in Gemeinden und Kirchenkreis – war für mich spürbar, dass diese nicht mit der Verzagtheit einer kleiner werdenden Kirche angegangen wurden, sondern mutig und mit Gottvertrauen.

Ich war stolz auf „meine Kirche“, dass sie beharrlich mit den Grundwerten von „Christenmenschen in der Welt“ auf viele aktuelle Herausforderungen reagierte und deutliche Statements gegen Hass und Demokratiefeinde setzte! Wie sie beständig auf Fluchtursachen und den Umgang mit flüchtenden Menschen schaute; wie sie Menschen in ihren vielfältigen Nöten – etwa im sozialen Bereich – oder die Ergebnisse der Kirchenmitgliedschafts-Studie wahrnahm und Erkenntnisse in ihre künftige Arbeit einband.
Beeindruckt hat mich, wie intensiv und transparent sich nun unsere Landeskirche der Aufklärung und Prävention von sexueller Gewalt stellt. Viel zu lange mussten Menschen auch in unserer Kirche drauf warten.

 

Hintergrund „Landessynode“

Die in der Regel Anfang Januar und damit als erste aller EKD-Gliedkirchen jährlich tagende Landessynode ist das oberste Leitungsgremium der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR). Sie entscheidet über die wichtigsten Belange der Landeskirche mit ihren knapp 2,2 Millionen Mitgliedern zwischen Niederrhein und Saar, die in 37 Kirchenkreisen mit 605 Kirchengemeinden organisiert sind. Oberster Repräsentant der EKiR als der zweitgrößten evangelischen Landeskirche in Deutschland ist seit 2021 Präses Dr. Thorsten Latzel. Er steht gleichzeitig der Kirchenleitung vor, die in der Zeit, in der die Landessynode nicht tagt, die Geschäfte führt.